Gestern traf ich unseren Bürgermeister. Ich sprach ihn auf etwas an, das mir schon lange im Kopf rumgeht: eine kleine Seitenstraße bei uns im Ort, mit miserabler Sicht auf die Hauptstraße. Jedes mal denke ich: da müsste doch ein Spiegel hin.
Unser Bürgermeister widersprach mir sofort und vehement. An der anderen Kreuzung steht schon ein Spiegel. Seitdem gibt es dort mehr Unfälle. Warum? Weil die Leute das Stoppschild ignorieren. Der Spiegel gaukelt Sicherheit vor, wo sie Verantwortung übernehmen müssten.
So hatte ich das noch nie gesehen – und das hat mich überzeugt.
Inhaltsverzeichnis
Was hat ein Spiegel mit KI zu tun?
Im Kurs „Human AI“, den ich gerade besuche, fällt ein Satz immer wieder:
Künstliche Intelligenz ist ein Spiegel des Menschen.
Sie verstärkt, was du in sie hineingibst – bewusst oder unbewusst.
Hast du darüber schon einmal nachgedacht?
KI macht dumm – oder zeigt, dass wir schon aufgehört haben zu denken?

Wenn ich das Spiegel-Beispiel weiterdenke, passt es zu vielen Forschungsergebnissen:
Unreflektierte KI-Nutzung kann zur Verdummung führen. Zum Brainmelt – weil du aufhörst, selbst zu denken. Weil KI dir vorgaukelt, du hättest alles im Blick. Dabei verlierst du den Kontakt zur Wirklichkeit.
Spiegelmythen: Vom Schneewittchen bis zur Medusa
Spontan fallen mir andere Geschichten ein, in denen Spiegel eine wichtige Rolle spielen. Schneewittchen zum Beispiel:
„Spieglein, Spieglein an der Wand – wer ist die Schönste im ganzen Land?“
Zu Beginn bestätigt der Spiegel die narzisstische Selbstverliebtheit – und wird dann zum Werkzeug des Bösen. Die Königin vergiftet das, was schöner, lebendiger, jünger ist als sie selbst.
Oder Harry Potter: der Spiegel Nerhegeb (Begehren), der dir zeigt, was du dir am meisten wünschst. Viele verlieren sich darin. Sie sitzen selbstvergessen davor und schauen hinein, statt ins Handeln zu kommen. Wie ist das bei dir?
Oder Medusa aus der griechischen Mythologie: tödlicher Blickkontakt. Nur als der Kämpfer seinen Schild als Spiegel benutzt, kann er Medusa besiegen, ohne selbst zu versteinern. Vielleicht brauchen wir manchmal genau das: einen Spiegel, durch den wir auf die Bosheit dieser Welt blicken. Eine Distanz, die es uns erlaubt überhaupt hinschauen können, ohne selbst unterzugehen.
Und natürlich: Matrix. Neo, der durch den Spiegel in die Wirklichkeit fällt.
Und du – wie benutzt du deinen Spiegel?
All diese Beispiele zeigen: je nachdem, mit welcher Intention wir unseren „Handspiegel“ benutzen, kommt unterschiedliches heraus. Der Spiegel selbst ist neutral.
- „Brauchst“ du ihn du deinen Narzissmus zu polieren?
- Möchtest du das Böse einfach nur besser ertragen – oder dich ihm stellen?
- Willst du deinen Träumen nachhängen – oder ins Handeln kommen?
- Willst du weiter in der Scheinwelt leben – oder endlich ausbrechen und wirklich leben?
Ein Spiegel hilft dir nur, wenn du hinschaust – und dann den Blick hebst.
Ich zum Beispiel: Ich schau’ morgens oft nicht in den Spiegel – und wundere mich dann, warum ich zerknittert durch den Tag laufe. Strubbelig im Außen, diffus im Kopf. Manchmal reicht ein ehrlicher Blick.
🎯 Drei Handlungsimpulse
- Stell dich vor einen echten Spiegel. Nicht um dich zu bewerten – sondern um dich wahrzunehmen.
- Frag die nächste KI nicht nur, was du wissen willst – sondern warum. Etwas, das weiterbringt, statt dich zu bestätigen.
- Finde deinen blinden Fleck: Was willst du gerade nicht sehen?
Wann hast du das letzte Mal wirklich hingeschaut – und was hast du dann nicht mehr übersehen können?
Beitragsbild: Image by Med Ahabchane from Pixabay
Affenbild: KI-Generiert