Zuletzt aktualisiert vor 1 Woche von Henryk
Manchmal überkommt mich die Frage: „Was ist eigentlich der Sinn von all dem?“ Karriere, Ziele, Selbstverwirklichung, Projekte, Bucket Lists – alles wichtig, alles schön. Aber dann liege ich auf dem Sofa, schaue zu meiner Katze hinüber, wie sie schläft, sich räkelt, sich nicht ein einziges Mal dafür rechtfertigt, einfach da zu sein – und plötzlich denke ich: Vielleicht weiß sie längst, was ich mein Leben lang suche.
„Oh mein Gott, dieser Himmel, wie komm ich da bloß rein?“
(Refrain aus „OMG!“ von Marteria)
Ich sage oft im Scherz: In meinem nächsten Leben werde ich Katze. Tun, was ich will. Den ganzen Tag pennen, gestreichelt und gefüttert werden, draußen rumspringen, in der Sonne liegen. Keine Rechenschaft. Keine Verantwortung.
Solange ich mich erinnern kann, gibt es Katzen in meinem Leben. Selbst in dem Jahr, als wir im Ausland waren, hat meine damals fünfjährige Tochter eine ausgesetzte Baby-Katze angeschleppt. Die hatte nach einem halben Jahr drei Babys.
Ich hatte eine Katze, die es liebte im nahen Wald zu sein. Wenn ich mit dem Auto von Arbeit kam und auf unsere Straße einbog, sah ich von weitem einen weißen Pfeil über die Wiese fliegen… Spätestens wenn ich in den Hof einfuhr, stand sie vor der Tür um mir um die Beine zu streichen.
Gerade erinner ich mich an meine Kindheit. Meine Oma kochte mir jeden Früh Mehlsuppe, die wir dann miteinander aßen. Sie ließ immer etwas übrig und stellte den Teller auf den Boden, damit die Katze auch was abbekommt und den Teller „sauber“ war 😉 auch bekam sie Butterbrote mit Leberwurst. Von denen Sie natürlich nur die Leberwurst in die Butter sorgfältig abschleckte und den Rest liegen ließ.😅
Inhaltsverzeichnis
Was ich von meiner Katze lernen kann
Sie liegt den ganzen Tag faul rum. Sie sucht sich dazu den besten Platz auf dem Sofa aus, liegt immer in der Sonne. Und hat scheinbar nichts zu tun, keine To-do-Liste, keine Bucket List, kein großes Herzensziel (GHZ), keine Lebensvision. Auch käme sie nie auf die Idee, sie müsste „ihren Sinn finden“. Sie tut, was sie will. Und wenn sie gestreichelt wird, genießt sie. Das ist keine Faulheit. Das ist Weisheit in Fellform.
In meinem nächsten Leben werde ich Katze. Bei Hauptmanns.
Warum bei Hauptmanns? Weil unsere Katzen königlicher leben als mancher Mensch. Sie darf raus oder rein, wann sie will. Wenn sie vorm Fenster miaut lasse ich sie rein. Wenn sie vor der Tür miaut lass ich sie raus. Wenn sie vor dem Kühlschrank miaut, gibt’s Futter. Wenn sie auf dem Schoß liegt, wird sie gestreichelt. Und wenn nicht – dann eben nicht. Oder sie fährt ihre Krallen aus und beißt zu. Kleines hinterhältiges Biest. 😽❤️
„Die Katze ist immer auf der falschen Seite der Tür.“
Hape Kerkeling
Und obwohl sie scheinbar fest schläft, merke ich, sie ist ganz präsent. Ihre Ohren zucken in verschiedene Richtungen. Das kleinste unbekannte Geräusch und sie springt auf oder zumindest wirft sie einen müden Blick in die Richtung, um zu gucken, ob alles in Ordnung ist. Ob nichts „ihre“ Ordnung stört!
Dann möchte ich Katze sein. Kein 9-to-5-Job (oder sechs bis drei). Nicht einkaufen müssen, keine Rechnung bezahlen, keine Blitzerfotos, keine Steuererklärung, nicht up to date sein müssen und neuen Trends folgen, keine Statusmeldung auf WhatsApp und Instagram, keine Urlaubsplanung, kein Fitnesscenter, keine Diät, kein Biohacking. Kein schlechtes Gewissen.
Einfach gar nichts.
Sie ist einfach nur da. Und fühlt sich nicht mal schlecht deswegen, dass sie nichts tut. Im Gegenteil, sie will vergöttert werden, gefüttert, gestreichelt … beneidet.
„Sie tut nichts, und doch ist alles in ihr Ruhe, Würde und Sein.“
– über meine Katze, die mich das Leben lehrt
Und Katzen haben keine Angst vorm Tod. Sie schicken sich in das was gerade ist. Sie geben sich dem Moment hin. Wenn sie merken dass ihre Zeit gekommen ist, verabschieden sie sich noch mal von all den Menschen, die ihnen was bedeuten, legen sich still in eine ruhige Ecke, hören auf zu fressen und zu trinken… Und dann plötzlich sind sie weg.
Ohne Drama. Still. Klar. Wow.
















Und sonst?
Ach, eine Sache habe ich noch ganz vergessen. Außer dass sie nur faul rumliegen, putzen Sie sich den Rest des Tages. Sie kümmern sich nur um sich selbst. Kleine, egoistische, faule Biester.
Manchmal ist sie so voller Energie, dann tobt sie durchs ganze Haus. Von einer Ecke in die andere. Auf den Stuhl. Aufs Sofa. Oder schaut einfach Frühstücksfernsehen – sie sitzt auf dem Fensterbrett und beobachtet die Meisen am Vogelhaus, das bei uns das ganze Jahr reichlich gefüllt ist. Und ja, manchmal zockt sie einfach nur, dann fängt sie ihren Schwanz.
Sie macht nichts Produktives. Trägt nix zum Haushaltseinkommen, zum Bruttosozialprodukt, zur Gemeinschaft bei. Null Output. So etwas Asoziales. Voll Assi. Oder?
Meditation mit Krallen
Wenn ich mich morgens aufs Sofa setze, um zu meditieren, liegt sie entweder auf meinem Schoß oder auf dem Kissen neben mir. Wenn es ihr reicht, springt sie auf und stört mich, will raus oder inspiziert die Küchenzeile, ob irgendwo noch eine Pfanne steht, die nicht zugedeckt ist oder ein paar gekochte Kartoffeln vom Vortag, die man anfressen kann. Dann muss ich sie mit einem lauten „Hey“ oder Klatschen daran erinnern, dass das nicht in Ordnung ist. Oder wenn sie sich genüsslich streckt und dabei am Sofa oder an den Stühlen ihre Krallen schärft.
Und doch: Sie liebt mich. Wenn ich auf meinem Sofa mich zur Meditation hinsetze, springt sie auf meinem Schoß und gibt erst einmal einen „Kuss“. Sie reibt ihre Nase an meinem Bart. Dann tretelt sie erst einmal eine Runde, bevor sie sich gemütlich niederlässt auf der Suche nach der bequemsten Position – und wehe, ich bewege mich. Dann ist sie weg.
Und ich liebe sie. Ohne dass sie irgendetwas für mich getan hätte. Sie hilft nicht im Haushalt, wäscht keine Wäsche, saugt nicht die Stube, putzt nicht das Katzenklo…
Rein gar nichts. Im Gegenteil. Manchmal, wenn sie irgendwo eingesperrt war, muss ich früh die Katzenscheiße wegmachen, dann stinkt es in der ganzen Bude. Oder neulich mussten wir zum Tierarzt, weil sie gebissen worden ist. Ganz zu schweigen davon, was das gekostet hat.
Und trotzdem: Ich liebe sie. Bedingungslos.
Und ja: Das Leben als Katze klingt verlockend
Aber vielleicht – ganz vielleicht –
wird dein nächstes Leben als Katze nur so wunderbar,
weil du in diesem Leben als Mensch gelernt hast, zu genießen, loszulassen, präsent zu sein.Was du suchst, ist keine neue Existenz.
Du suchst das Recht, hier zu sein, in diesem Moment,
ohne dich rechtfertigen zu müssen.
Ohne etwas leisten zu müssen.
Ohne Reue.
… meint ChatGPT dazu.
Und was, wenn ich jetzt schon leben würde wie sie?
Mir keinen Stress machen. Ruhen, wenn ich will. Spielen, wenn mir danach ist. Einfach unproduktiv aus dem Fenster sehen. Mich pflegen, rumtoben, wenn meine Energie gerade überschießend ist. Schmusen und kuscheln, wenn mein Lieblingsmensch da ist. Meine Bedürfnisse laut und klar deutlich machen, andere um Hilfe bitten für das, was ich selbst nicht kann – nein von anderen Hilfe „erwarten“!
Ganz präsent sein, ganz im Moment sein, ohne Schuldgefühle, wenn ich mal „Scheiße“ gebaut habe, die andere wegräumen müssen. Ohne Angst, dass ich morgen vielleicht kein Futter kriege. Ohne Hoffnung auf später. Dass ich morgen vielleicht doch mein Premium Nassfutter bekomme, was es nur von der Oma gibt (dann schauen mich meine Katzen Tage lang wieder nur mit großen Augen an, wenn Trockenfutter im Näpfchen ist).
Faul sein, nichts müssen, keine Verpflichtungen… Keine Meetings, keine elektronischen Planer, die uns an unsere Termine erinnern. Kein Hetzen von einem MUSS zum nächsten.
Meine Schwiegermama hatte den Eisbär, eine weiße Katze, die war glaube ich 21 Jahre. Und sie hat damit wahrscheinlich mehr gelebt, als viele von uns. Denn Katzen verschieben ihr Glücklichsein nicht auf später. Sie genießen und nehmen (möglichst nur das Beste) das was ist, dankbar und ohne schlechtes Gewissen, ohne sich zu schämen, ohne das Gefühl doch dafür etwas zurückgeben zu müssen.
Die Welt wäre besser, wenn wir alle ein bisschen mehr wie Katzen wären. Kein Konsumwahn. Kein Burnout. Keine Kriege (außer um die schönste Katzendame im Revier). Einfach leben. Lieben. Genießen. Und wenn es Zeit wird zu sterben, in Frieden ohne Angst Reue zu gehen 🙏
Katzen sind für mich die wunderbarsten, menschlichsten Nicht-Menschen auf diesem Planeten.
Sie suchen nicht nach dem Sinn des Lebens. Sie leben ihn.



Sein, statt funktionieren. Katzen-Modus
Und vielleicht liegt der Sinn des Lebens wirklich darin, manchmal einfach wie eine Katze zu sein:
- Ohne Ziel. Ohne Plan.
- In einem warmen Sonnenfleck.
- Mit dem Mut, nichts beweisen zu müssen.
Und wenn du morgen früh beim Zähneputzen grinst und dir denkst: „Heute mach ich’s wie die Katze – mit Würde, faul und radikal lebendig“, dann bist du verdammt nah dran an dem, was all die dicken Philosophie-Bücher sagen wollen.
Ja. Ich bin ein Katzenmensch. Ich kann, ich will nicht ohne sie leben. Sie sind meine Vorbilder.
Und wenn dir das nächste Mal jemand sagt, du solltest mehr leisten, schneller sein, produktiver leben – dann schnurr einfach leise vor dich hin, recke dich in deinem inneren Sonnenfleck, und sag:
„Ich lebe wie eine Katze. Und das reicht.“