Atmen ist Leben – atme bewusst

Lesezeit ca.: 7 Minuten

Zuletzt aktualisiert vor 2 Wochen von Henryk

Wir atmen ca. 20.000 Mal täglich. Kaum einer macht sich Gedanken darüber. Als Babys beherrschen wir noch die „korrekte“ Bauchatmung (Abdominalatmung). Deshalb werden wir nicht heiser, auch wenn wir stundenlang schreien. Leider verlernen wir das und atmen nur noch in die Brust. Klares Zeichen: Seitenstechen beim schnellen Laufen.

Eine Wiese mit einer Mohnblume
Atme frei, langsam und tief.
Image by Lee_seonghak from Pixabay

Falsches Atmen führt zu Konzentrationsstörungen und Müdigkeit. Das Lungenvolumen wird nicht ausgenutzt und die Lunge schlecht „belüftet“. Es gelangt zu wenig Sauerstoff ins Blut.

Beobachte deine Katze, wenn sie auf deinem Schoss schläft. Sie atmet in den Bauch.

Ich bin dann mal weg – Hape Kerkeling

Atmen in den Bauch drückt das Zwerchfell nach unten, massiert deinen Bauchraum, das Sonnengeflecht – ein wichtiger Nervenknotenpunkt – und fördert die Verdauung. Es verbessert die Durchblutung, den Rückstrom des Venenblutes zum Herzen, senkt den Blutdruck und entspannt den Körper. Bei Panikattacken hilft bewusste Bauchatmung, sich zu beruhigen. Für Blasmusiker, Sänger, Sportler, Kampfkünstler und Sprecher – Pflicht.

Zwerchfell-Atmung

Die Aufgaben des Zwerchfells?

  • Ausführung der Atembewegung. Durch die Kontraktion entsteht Unterdruck und Luft strömt in die Lungen.
  • Die Auf- und Ab-Bewegung unterstützt den Blutkreislauf und den Fluss der Lymphflüssigkeit.
  • Die ständige Bewegung mobilisiert alle Bauchorgane – wichtig für eine gute Verdauung.
  • Es stabilisiert die Wirbelsäule, beim Heben und Tragen von Lasten
  • Das Zwerchfell ist wesentlich für die Betonung beim Sprechen und Singen – die sogenannte „Stütze“.
  • Es sorgt für einen sichern Verschluss des Magens.

https://mehr-luft.at/aktuell/so-lernen-sie-die-zwerchfellatmung

Übe Zwerchfellatmung im Liegen

Lege dich flach auf den Rücken, so ist es am einfachsten, die Zwerchfellatmung zu lernen. Winkel deine Beine an, sodass die Füße flach auf dem Boden stehen.

Lege beide Hände auf deinen Unterbauch, die Daumen am Nabel. Atme langsam und tief ein, dein Bauch geht nach oben. Atme bewusst und kontrolliert doppelt so lange aus. Halte dabei die Spannung im Bauch, statt ihn fallen zu lassen. Erspüre wie sich das anfühlt.

Ein beidseitig angespitzter Bleistift. Bedruckt mit Einatmen-Ausatmen.
Atmen ist Leben
Image by Anke Sundermeier from Pixabay

Tiefe Atmung

Fülle zuerst deinen Bauch und anschließend deinen Brustraum komplett mit Luft. Stelle dir vor, dass sich der Druck über den Nacken, das Kopfgelenk bis in deinen Schädel fortsetzt. Deine Sauerstoffzufuhr wird damit beinah anderthalbmal größer!

Regelmäßiges kräftiges Einatmen vergrößert die „Diffusions-Oberfläche“ der Lungenbläschen von 70 auf ca. 100 m².

Wim HOF – Health, Strength & Happiness. The Right and Duty for Everyone

Atme durch die Nase

Vielleicht kennst du dass. Manchmal atmest du mehr durch das eine und mal mehr durch das andre Nasenloch. Oder durch beide gleichzeitig. Ich spüre dass morgens beim Aufwachen. Ich las, dies wäre ein natürlicher Rhythmus und würde sich aller 40 Minuten abwechseln. Yogis gehen davon aus, dass Atmen durch die Nase zeitgleich das Gehirn stimuliert. Es gibt Atemübungen, die forcieren dies bewusst, um die körperlichen Energieströme gezielt zu lenken. Damit wird die jeweilige Gehirnhälfte und die gegenüberliegende Körperseite aktiviert.

Lass locker

Lerne deinen Bauch locker zu lassen, statt ihn permanent einzuziehen. Viele Menschen tun dass unbewusst.

Habe Geduld

Übe 2-3 Minuten täglich. Das Neuerlernen der Bauchatmung braucht eine Weile, bis es „voll-automatisiert“ läuft. Gib nicht auf. Mach dir keine Vorwürfe. Immer wenn du daran denkst, tue es.

Langer Atem – langes Leben.

Ein besonderes Erlebnis

Seit vielen Jahren bin ich „Bauchatmer“. Das half mir vor allem bei Panikattacken während depressiver Phasen.

In besonderer Erinnerung blieb mir ein Tauchgang 2012 am „Blue Hole“ im Roten Meer. Ich war in einem „Kamin“ auf etwa 30 Meter Tiefe abgetaucht. Eine traumhafte Unterwasserlandschaft tat sich vor mir auf. Plötzlich verengte sich mein Gesichtsfeld und ich begann unkontrolliert zu hyperventilieren. Mit größter Anstrengung verlangsamte ich meine Atemfrequenz und versuchte tief zu atmen. Am liebsten hätte ich mit den Automaten aus dem Mund gerissen. Ich hielt diese Anspannung eine halbe Stunde durch. Noch heute bin ich meinem Guide dankbar, dass er mich durch diese schwierige Situation begleitet hat. Nach unserer Rückkehr in das Tauchlager wollte ich mich bei ihm bedanken. Er war hinter dem Haus auf seinem Gebetsteppich. Vermutlich dankte er Allah, dass ich nicht ertrunken war.

Atmung in der Kampfkunst

Lerne deinen „Gegner“ zu beobachten. Atme selber möglichst unauffällig. Beim Einatmen bist du instabil. Ein Körpertreffer in diesem Moment ist sehr ungünstig. Beim Ausatmen dagegen stabil. Du kannst eigene Schläge mit mehr Kraft ausführen und Treffer besser wegstecken. Wirst du am Körper getroffen, nimm die Energie/Bewegung – durch mitgehen nach hinten – auf und atme kräftig aus.

Wenn sich deine Schulter bewegt, dann sehe ich dass.

Bruce Lee – in „Karate-Tiger“

Bei einem neuen Schüler bewegt sich oft die Schulter beim Atmen in die Brust oder beim Ausholen für einen Schlag. Ein geübter Kämpfer kann ziemlich genau vorhersehen, was du vorhast und dich so in einem ungünstigen Moment angreifen.

Bewegungslose Meister

Ich las von einem Wettkampf im Kendo. Zwei alte Schwertmeister, an die 70, standen sich mit erhobenem Schwert bewegungslos gegenüber. Nach langen 5 Minuten beendeten die Schiedsrichter den Kampf mit Unentschieden. Die Zuschauer applaudierten.

Der Schlüssel zum vegetativen Nervensystem – die Atmung

Unsere Atmung ist einer der wenigen „Körpervorgänge“, die wir schnell und bewusst steuern können. Sympathikus und Parasympathikus lassen sich über die Kontrolle der Atmung aktiv beeinflussen. Der Sympathikus ist für den Notfallmodus (Stress) zuständig z. B. Energie für eine Flucht oder einen Angriff. Für Ruhe, Entspannung und Wiederherstellung der Parasympathikus.

„Atem geschehen lassen, voll zulassen“, das ist eine Übung nach Graf Dürkheim. Der Zen-Meister und Psychologe empfiehlt, beim Ein- und Ausatmen nichts hinzufügen und nichts abkürzen. In seinem Buch „Hara – die Erdmitte des Menschen“ schreibt er: „Seit 30 Jahren übe ich, dem Atem bewusst zuzuschauen ohne ihn zu stören!“. Auch wir neigen dazu, wenn wir die Achtsamkeit auf den Atem lenken, das Einatmen unbewusst zu beeinflussen und dem Ausatmen nicht genügend Zeit zu geben. Den Atem – und damit alle Dinge – einfach zulassen, sein zu lassen, wie es ist. Das lernen wir im Yoga wie im Zen.

https://zen-kloster.de/aktuell/70

Sobald wir langsam und vor allem lang ausatmen, wird der Parasympathikus aktiviert und meldet dem Nervensystem „Zeit zur Ruhe zu kommen“. Konzentrierte Atmung hilft den Puls und den Blutdruck zu senken.

Unser Atem ist einzigartig. Er bildet eine Art Schnittstelle zwischen dem autonomen und dem willentlichen Teil unseres Nervensystems.

Das Parasympathikus-Prinzip – Ursula Eder & Franz J. Sperlich

Die Wim-Hof-Methode

Atmung ist neben „Kälte“ ein wichtiger Pfeiler der Wim-Hof-Methode (WHM). Die richtige Atmung sorgt nicht nur für ein entspanntes Nervensystem, sondern bringt ausreichend Sauerstoff in alle deine Zellen. Die Mitochondrien – die Zellkraftwerke – werden es dir danken. Diese Kombination bewirkt, dass die Entzündungsreaktionen des Körpers beim Eindringen von Krankheitserregern minimiert werden. Stattdessen sorgt dein Adrenalin-unterstütztes Immunsystem für einen „stillen Alarm“. Bei der Gelegenheit werden auch gleich andere Entzündungsherde eliminiert. Wenn es dich mehr interessiert, lies die nachfolgenden Links oder google.

Gesünder mit der Wim Hof Methode

Atmen macht basisch

Laut Wim-Hof sorgt seine „Power-Atmung“ für ein, zumindest kurzzeitiges, leicht basisches Milieu im Blut. Der Nobelpreisträger Otto Warburg wird gern damit zitiert, dass in einem basischen Milieu, welches ausreichend mit Sauerstoff versorgt ist, keine Krankheit existieren kann. Dies hat er so nicht gesagt. Die These sowie das Thema basische Ernährung sind heftig umstritten. Einige tun es als Geldschneiderei ab, andere schwören darauf. Wie so oft im Leben, ist es gut eine gesunde Mitte zu finden. Ein Verzicht oder eine Reduktion stark säuernder Lebensmittel wie Fleisch, Zucker und Weißmehlprodukte ist sicher positiv für deinen Körper. Am besten du bildest dir deine eigene Meinung.

Kohärentes Atmen

Langsam und gleichmäßig durch die Nase in den Bauch – Zwerchfellatmung – einatmen und durch den Mund ausatmen. Entspannt, ohne Zwang. Übe 3-mal täglich 5 Minuten. Das tut deinem Herzen gut. Erkenne die Situationen, in denen du dich verspannst. Spürbar an flacher Atmung und hochgezogen Schultern.

Finde eine Aktion, welche dich daran erinnert langsam und bewusst zu atmen. Zum Beispiel: ein Bild, ein Stein am Arbeitsplatz, eine Bohne in der Hosentasche, eine App mit Erinnerungsfunktion, ein Armband, Griff zum Ohrläppchen. Nennt sich „Anker“.

Gleichlang 5 Sekunden ein und ausatmen.

http://www.kohaerentes-atmen.at/

Parasympathisches Atmen

Stimuliert deinen Vagusnerv, und hilft bei starkem Belastungen oder Angst:
3-6-1.

3 Sekunden durch die Nase ein
6 Sekunden halten
1 Sekunde durch den Mund aus…

Zum Einschlafen 4-7-8.

https://www.meinwegausderangst.de/vagusnerv-stimulation-uebungen

Zirkuläre Atmung

Der Atem spielt in allen spirituellen Traditionen eine wichtige Rolle. Er ist damit ein Bindeglied verschiedener Kulturen. Darüber hinaus ist die bewusste Atmung sowohl für die körperliche Gesundheit als auch für die geistig-seelischen Bereiche von Bedeutung.

Nach Hans Meyer – Sonderheft Tattva Viveka Nr. 46 S.16

Diese Atemtechnik hat verschiedene Namen:

  • Verbundener Atem
  • Zirkulärer Atem
  • Ununterbrochener Atem
  • Nahtlose Atmung

Dabei geht es darum, ohne Pause zu atmen, ohne Anstrengung. Sofort an die Einatmung schließt sich nahtlos die Ausatmung an. Gleichmäßig, wie die Pendelschläge eines Regulators. Oder bei einem Kolbenmotor. Es hilft der Gedanke einer Kreisbewegung/Ellipse, die du eventuell anfangs noch mit der Hand mitzeichnest. Diese Art der Atmung führt (vor allem bei tiefer Einatmung bis zum Beckenboden) zu einem hohen Sauerstoffgehalt im Blut und entfaltet eine meditative Wirkung.

Ist dein Ziel die Vertiefung der Konzentration, verlängere die Einatmung. Möchtest du stattdessen eine Vertiefung der Meditation erreichen, verlängere die Ausatmung.

Die Atmung ist die erste Komponente, um Chi erfahren zu können.

Herzstück des chin. Nei Kung

Vorübung

Jeweils 3-4 Sekunden ein und ausatmen. Die Dauer langsam ausdehnen. Die Pausen verwischen. Du erreichst Konzentration mit dem ununterbrochenem Atem. Mach weiter. Nach einiger Zeit gehst du automatisch in den unmerklichen/stillen Atem über, ohne das du es selbst merkst. Dies ist eine tiefe meditative Erfahrung – es entstehen von selbst Atempausen. Kein zwanghaftes, bewusstes Atemanhalten.

Kevali-Atmung

Ziel ist die höchste Stufe der Atemübungen, die Kevali-Atmung oder Unmerklicher oder Stiller Atem.

Dabei erreicht man einen Zustand von lautlosem, langsamen und feinen Atem. Die Atmung kommt fast zum Stillstand. So kann eine Atemsequenz auf fortgeschrittener Stufe durchaus bis zu einer Minute oder länger dauern. Körper und Geist gelangen in eine sehr tiefe innere Stille.

https://www.taoyoga.de/files/Tattva-Viveka.pdf

https://www.tattva.de/atme-2

Also dann – ATMEN nicht vergessen 😉
Dein Coach Henryk

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One thought on “Atmen ist Leben – atme bewusst

  1. A.

    Hab gleich voll geatmet…Danke!…bin stolz auf Dich. A.

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